FEAR - A trilogy and beyond, interpretiert von TSY
Keine Angst :) an dieser Stelle lasse ich als Einleitung erstmal nur Neil selbst sprechen...
"It's part one of a trilogy but it's the last one to appear. The last three albums have each contained a part of that trilogy, and I started thinking about them all at the same time, but they appear in the order in which they were easiest to grasp. In other words, "Witch Hunt" was the first one, dealt with that mentality of mob rule, and what happens to a bunch of people when they come together and they're afraid, and they go out and do something really stupid and really horrible. That was easy to grasp, and you see plenty of examples of that in real life as well as in fiction and in films of course, too. So that was easy to deal with. The second one was "The Weapon," and it was dealing with how people use your fears against you, as a weapon, and that took a little longer to come to grips with, but eventually I got my thinking straightened out and the images that I wanted to use, and collected them all up, and it came out. And then finally, "The Enemy Within" was more difficult, because I wanted to look at how it affects me, but it was more than about me. I don't like to be introspective as a rule. I think I'm gonna set that down as my first rule, as "never be introspective!" But, uh, I wanted to, at the same time I wanted to write about myself in a universal kind of way, I want to find things in myself that I think apply." (N.P, 1984)
Nun die einzelnen Parts in Ihrer Erscheinungsreihenfolge ...
WITCH HUNT - Part III of "fear"
„Silent and stern in the sweltering night,
The mob moves like demons possesed.
Quiet in conscience, calm in their right,
Confident their ways are best.“
Als Part III der Fear - Fortsetzungsgeschichte handelt es vom Leitmotiv der nach außen projizierten Furcht. Die zweidimensionale Sicht des Mittelalters: Was außergewöhnlich (ob nun schön oder häßlich, schlau oder dumm) und nicht erklärbar ist, muß der Teufel sein, den man nur durch die Verbrennung vertreiben und somit den/die arme(n) Sünder(in) erlösen kann.
So zweidimensional war die Weltsicht in allen Dingen, denkt man an die Vorstellung von der Erde als Scheibe, die Treppendynamik der Musik (nur laut und leise), die mechanistische Physik (Ursache - Wirkung) u.v.m.
Musikalisch ist das sehr gut umgesetzt worden, von dem dissonanten Geklingel und dem Stimmengewirr der aufgebrachten Menge über den Marschrhythmus der Trommeln bis zu dem vertrackten Gitarrenriff, der durch unterschiedliche Betonung des Anschlags die Unruhe der Menschen vor dem grausamen Ritual widerspiegeln könnte.
Neil selbst bezeichnet im Tourbook diesen Song als den „winner of the most-rewritten song award“, d.h. entgegen der livebezogenen Arrangements wurde hier wirklich ein Studiostück geschaffen, bei dem z.B. das Schlagzeug zweimal aufgenommen wurde. So schlecht klingt das Ganze m.E. aber live (ASOH) auch wieder nicht.
Die Quintessenz kommt in den letzten Zeilen der Lyrics zum Ausdruck, ein leider nicht auf das Mittelalter beschränktes Fazit zu einem Thema, das so alt ist wie die Menschheit selbst.
„Quick to judge,
Quick to anger,
Slow to understand
Ignorance and prejudice
And fear
Walk hand in hand.“
THE WEAPON - part II of "fear"
And the things that we fear are a weapon to be held against us...
Wie die wichtigste Zeile der Lyrics schon sagt, geht es bei Part II of fear um die instrumentalisierte Angst. Das Einschüchtern, die Schreckensherrschaft oder den Terrorismus. Wer Ängste schürt, erhält Macht über Menschen und an Beispielen in der Geschichte mangelt es dafür wahrlich nicht.
Dagegen steht der Ausspruch des amerik. Präsidenten, den Neil gleich eingangs zitiert:
"The only thing we have to fear is fear itself." (Franklin D. Roosevelt)
Furcht vor Dingen, Strafe, Liebesentzug etc. begleitet uns von Kindesbeinen auf. Und doch ist diese Furcht, wenn sie denn gezielt von Anderen als Mittel zum Zweck benutzt wird, nur dann eine Waffe, wenn sie innerlich als solche akzeptiert wird.
So hält bekanntermaßen Strafandrohung nicht zwingend von der Tatausübung ab, wer den Tod nicht fürchtet und die Wahrheit sucht, hat nichts zu verlieren, er ist
He's a little bit afraid of dying -
But he's a lot more afraid of your lying
In der Tat ist das Wissen um die eigenen Ängste eine Grundvorraussetzung, zu sich zu finden. Solches wird mangels realer Bedrohungen heutzutage durch Extremerfahrungen gezielt eingeleitet. Schon Grimm´s Märchen „Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen“ lehrt:
Ein Haufen kalter, glitschiger Fische ist letztlich der Auslöser, der den unerschrockenen Sohn das Fürchten lehrt. „Der Fisch ist rätselhaft, geheimnisvoll, besitzt Zauberkraft und symbolisiert jene Kraft, die jeden Wunsch in der Phantasie zu erfüllen vermag. Fische-Essen bedeutet Kindersegen. Er gehört zum Liebeszauber. Es ist daher ebenso heiter wie tiefsinnig, wenn der Königsohn durch das Erlebnis der Fische das Gruseln lernte, also jenen Urschauder erfuhr, der mit jeder Lebensschöpfung verbunden ist. Der Fisch ist ein Symbol des Chaos, aus dem alle Geschöpfe hervorgehen oder das sie als Walfisch wieder einschlingt.“ (Lexikon d. Märchensymbolik)
Schon die Normannen wollten anläßlich ihrer Studienreise nach Gallien das Fürchten lernen, da Angst Flügel verleihe (= das Wissen um die Angst und deren Besiegen frei macht). Mit diesen weisen Worten beschließt Miraculix tiefsinnig den halbwegs geglückten Versuch der wilden Krieger (und das alles in einem Comic !) :
THE ENEMY WITHIN - part I of "fear"
every muscle tense to fence the enemy within
Ängste können einen soweit treiben, daß man ganz seltsame Dinge tut (z.B. unters Bett gucken, ob da einer liegt oder jede Tür x-mal kontrollieren, ob sie zugesperrt ist oder das Schlafzimmer nach Spinnen absuchen). Die Imagination spielt uns hier gerne Streiche, indem sie Objekte unserer Angst entstehen läßt, die entweder harmlo-
ser Natur oder aber gar nicht vorhanden sind und uns trotzdem Gänsehaut erzeugen...
Things crawl in the darkness, that imagination spins. Needles at your nerve ends crawl like spiders on your skin
Die in „The weapon“ geschilderte Flucht nach vorne und die Konfrontation mit den Ängsten spielt auch hier eine entscheidende Rolle. Der Feind, ist er erstmal in sich erkannt, kann gestellt werden:
I'm not giving in
To security under pressure
I'm not missing out
On the promise of adventure
I'm not giving up
On implausible dreams-
Experience to extremes-
Experience to extremes
Auch die klassische Schattenangst der Kinder kann sich bis ins Erwachsenenalter halten
Shadows across your window-
Was it only trees in the wind?
Daß wir vor den Schatten der Dinge Angst haben, symbolisiert einmal mehr, daß wir uns mit dem Unbekannten, dem Schemenhaften nicht beschäftigen wollen, es geht immer um nicht greifbare Dinge. Der Schatten steht für das Abgelehnte, das nicht Gelebte und ist dennoch nur die Projektion dessen, was bereits vorhanden ist, was bereits gelebt wird. Durch Verzerrung erscheinen Schatten bedrohlich, sie spiegeln die eigene Negativwertung, welche oft genug ein Zerrbild der Wirklichkeit sind und aus einer Maus einen Elefanten machen.
Indem wir im Schatten letztlich ein uns fehlendes Prinzip erkennen, verlieren wir unsere Furcht davor und werden wieder ein Stückchen „heiler“.
FREEZE - part IV of "fear"
Im Part IV greift Neil auf die abgeschlossene Trilogie zurück und schildert die unterschiedlichen Reaktionen auf furchteinflößendes Erleben
Sometimes I freeze - until the light comes
Sometimes I fly - into the night
Sometimes I fight - against the darkness
Sometimes I'm wrong - sometimes I'm right
Das Verhalten der Angststarre ist nach neuesten Forschungsergebnissen ein Urinstinkt, der das Überleben sichern sollte, nämlich durch die Bewegungslosigkeit unentdeckt zu bleiben. Flucht oder Starre sind beides Verhalten, die ohne großes Nachdenken ablaufen und den Körper in höchste Anspannung, sei es durch Kontrolle oder Bewegung versetzen. Dabei fühlt sich der Gepeinigte Like a cornered beast or a conquering hero
Die Tarotkarte führt uns wieder von der Reaktion zur tieferen Bedeutung unserer Ängste...
Die 8 der Schwerter zeigt, dass wir einen wichtigen Teil in uns nicht lebendig sein lassen. Damit ist sie häufig Ausdruck von Hemmungen oder Verboten, die zwar fast immer ihren Ursprung in uns selbst haben, aber gerne auf die Umgebung projiziert werden...Diese Karte fordert uns damit zu der Erkenntnis auf, dass die Einschränkungen, Schwierigkeiten und Verbote nicht in der Außenwelt liegen, sondern unsere eigenen Ängste und Hemmungen spiegeln. (www.tarot.de)
Durch das „Ausschalten“ der bedrohlichen Außenwelt und das extreme Zurückziehen in sich bedarf es folglich zur Erlösung einer entkrampfenden Handlung – meisterhaft expressionistisch dargestellt in Munch´s „Der Schrei“
Unsere Ängste sind aus der Wortwurzel heraus Engegefühle, die sich durch eine Weitung der Sichtweise auflösen lassen, in der Therapie bekannt als Desensibilisierung durch Entspannungstherapie.
(www.testforecho.de/ (c) TSY 2006